Ein Trauma ist eine normale Reaktion auf ein abnormales Ereignis. Bei einem Trauma wird das seelische und körperliche Gleichgewicht eines Menschen durch ein äußeres Ereignis erschüttert, die zentrale seelisch-körperliche Verarbeitung wird überfordert, Angst und Erregung steigen stark an. Das Grundvertrauen, durch seine nächsten Bezugspersonen geschützt und durch eigene körperliche und seelische Abgrenzung unantastbar zu sein, wird beschädigt oder zerstört.
Unser Therapieansatz beruht auf der Erkenntnis, dass das fundamentale Geschehen bei Trauma körperlich, organisch und unbewusst ist und auf einer Konditionierung beruht.
Theorie:
Die Polyvagaltheorie (Stephen Porges) dient als Basis für den therapeutischen Ansatz. Sie erklärt, wie das menschliche Nervensystem auf sichere, gefährliche und lebensbedrohende Situationen reagiert: Demzufolge existieren drei hierarchisch organisierte Subsysteme des autonomen Nervensystems, die unsere neurobiologischen Reaktionen auf Stimulation aus der Umgebung beeinflussen. Das Nervensystem verfügt mit der „Neurozeption“ über einen Wahrnehmungskanal, der aber selten bewusst verarbeitet wird, aber mit dessen Hilfe die Umwelt permanent „gescannt“ wird.
1. Der ventral-parasympathische Zweig des Vagusnervs: für das System soziales Engagement (Sicherheit)
2. Das sympathische System: Mobilisierung (Kampf-Flucht-Verhalten – bei Gefahr)
3. Der dorsal-parasympathische Zweig des Vagus: Immobilisierung (Erstarrung – bei lebensbedrohenden Situationen)
Drei Verhaltensstrategien:
SICHERHEIT:
Dieses System entscheidet darüber, wie bewusst oder wach ein Mensch in jedem beliebigen Augenblick ist.
Schon dem Neugeborenen steht das Handlungssystem soziales Engagement zur Verfügung und gelangt zum Ausdruck, wenn das Baby weint oder lächelt, um mit der Betreuungsperson zu interagieren. Durch wiederholtes Erleben harmonischer dyadischer Interaktion mit der Mutter oder dem Vater entwickelt das Kind Erlebnisse der Sicherheit.
Die Neurozeption erklärt, warum ein Baby bspw. eine sanfte elterliche Umarmung genießt, dieselbe Geste bei einem Fremden jedoch als Angriff erlebt.
Das System „soziales Engagement“, das in sicheren Situationen aktiviert wird, beeinflusst folgende Systeme:
- Öffnung der Augenlider – das Sehen
- Die Gesichtsmuskeln – emotionaler Ausdruck
- Die Muskeln des Mittelohres – Filtern Stimmen aus den Hintergrundgeräuschen
- Den Kaumuskel – Nahrungsaufnahme, Verdauung
- Kehlkopf- und Rachenmuskeln
- Das Zur-Seite-Neigen des Kopfes und das Drehen durch die Hals-Muskeln – soziale Gesten und Orientierungsreaktion.
Das System „soziales Engagement“…
- … ermöglicht ein schnelles Eingehen auf die Umgebung und auf Beziehungen (Orientierung) sowie die rasche Abwendung von ihnen durch Regulierung der Herzfrequenz, ohne Notwendigkeit der Mobilisierung des sympathischen Nervensystems.
- … fördert den Wechsel in ruhigere, flexiblere und somit adaptivere Allgemeinzustände. So können wir Gesichtsausdrücke lesen, Zuhören oder Vokalisieren
- … reguliert in nicht-bedrohlichen Kontexten das sympathische Nervensystem, es hilft uns, uns auf die Umgebung einzulassen, und es hilft uns, positive Bindungen und soziale Beziehungen zu entwickeln.
Selbst wenn eine akute Bedrohung besteht, kann ein Mensch mit guter Anpassungsfähigkeit sein System „soziales Engagement“ nutzen, indem er zum Beispiel versucht, mit einem potentiellen Angreifer ins Gespräch zu kommen (kommunikative Flexibilität).
GEFAHR: Das sympathische System, die Mobilisierung
Die Aktivierung des sympathischen Nervensystems, primitiver und weniger flexibel als das System soziales Engagement, erhöht im Falle einer Bedrohung das Arousal (den allgemeinen Grad der Aktivierung des zentralen Nervensystems) und aktiviert Überlebensmechanismen. Akute Gefahr: Das sympathische Nervensystem schaltet sich ein, wodurch neurochemische Stoffe ausgeschüttet werden, die das Arousal erhöhen. Die Atmung wird beschleunigt, die Muskeln durchblutet und die Blutzufuhr zum Kortex verringert.
Das Hyperarousal ermöglicht uns, viel Energie und Kraft erfordernde Kampf-und Fluchtaktivitäten auszuführen. Bei chronischem Zustand beeinträchtigt es allerdings die Fähigkeit zu adaptiven Entscheidungen, das Verhalten wird reflexhaft und impulsiv. Wenn weder System „soziales Engagement“ noch Kampf-Flucht-Reaktionen (Sympathikus) die Sicherheit gewährleisten, tritt der dorso-vagale Komplex, als nächste Verteidigungslinie in Aktion:
LEBENSBEDROHUNG: Das Immobilisierungs-System
Der dorsale Zweig des Vagusnervs, aktiviert das primitivste unter diesen Systemen. Er wird durch Hypoxie (Minderversorgung) aktiviert und bewirkt eine Immobilisierung (Überlebenssicherung) in Form von Totstellen, Reglosigkeit und/oder Ohnmachtszuständen. Durch chronische Immobilisierung entstehen häufig somatoforme dissoziative Symptome wie etwa motorische Schwäche, Lähmungserscheinungen und Störungen der Wahrnehmung innerer Körperempfindungen wie Amnesie, Verwirrungszustände und Aufmerksamkeitsdefizite.
Viele Körperfunktionen werden eingeschränkt, was zu einem relativen Absinken der Herz- und Atemfrequenz führt und sich im Geist in einem Gefühl von Taubheit und Verschlossenheit und einer Dissoziation vom Selbstempfinden oder in Panik niederschlägt.
Körperorientierte Psychotherapie:
Für die Behandlung von posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) verwenden wir auf dieser Basis moderne traumatherapeutische Methoden, wie Brainspotting (BSP), Techniken, die die „Emotional Granuality“ verbessern und Techniken aus dem Somatic Experiencing (SE).
Posttraumatische Belastungsstörungen oder chronische Schmerzen können sich im Körper der traumatisierten Personen manifestieren. Diese Symptome werden aber eben durch eine Dysregulation des vegetativen Nervensystems und nicht durch das Ereignis selbst verursacht. Die somatische Sichtweise hilft, Trauma als Dysregulation autonomer Körperprozesse zu verstehen. Mit der Etablierung eines resilienteren Nervensystems gelingt die Auflösung der Dissoziation, erworbener Stressmuster und somatisierter Traumaerinnerungen in Körper und Psyche. Der Zugang zur Heilung erfolgt dabei nicht über eine direke Arbeit an traumatischen Erfahrungen sondern über die Körperwahrnehmung (wie bspw. „Felt sense“), die eigenen Ressourcen und die Freisetzung von im Körper und im Nervensystem blockierter und eingefrorener Energie. Das Trauma wird körperlich, emotional und geistig „neu verhandelt“.
Brainspotting als Trauma-Therapiemethode hat einen eigenständigen tiefenpsychologisch fundierten Ansatz, der die kreative Kompetenz des Gehirns zur Traumaverarbeitung nutzt. Ziel ist es, eine besondere Genauigkeit und Behutsamkeit bei der Steuerung der Traumaverarbeitung zu erreichen. BSP wurde zunächst als Weiterentwicklung von EMDR vorgestellt, heute führt diese Methode weit darüber hinaus in einen eigenständigen tiefenpsychologisch fundierten Ansatz, der die kreative Kompetenz des Gehirns zur Traumaverarbeitung nutzt. Das Vorgehen verbindet Erkenntnisse und Grundlagen von Somatic Experiencing und EMDR, um mit einer besonders behutsamen und punktgenauen Begleitung, eine tiefgehende Traumaverarbeitung zu erreichen. Neben dem Finden des sogenannten Brainspots ist in der Arbeit mit BSP das „Attunement“, die Einstimmung der Therapeutin/des Therapeuten auf die KlientInnen, besonders wichtig.
BSP wird im Rahmen einer therapeutischen Beziehung unterstützend eingesetzt. Bei der Behandlung von Traumata, ist die therapeutische Beziehung von entscheidender Bedeutung. Mit BSP können innerhalb dieser therapeutischen Beziehung auch Erfahrungen und Symptome, die jenseits des bewussten sprachlichen Zugriffs liegen, behandelt werden. BSP kann nicht nur bei Belastungen, sondern auch besonders wirksam zum Aufbau und Stärkung von Ressourcen eingesetzt werden. Diese Ressourcen ermöglichen in der Therapie zwischen positiven Zuständen und der Aktivierung des Traumas zu pendeln, um eine sukzessive abgestufte Verarbeitung und Desensibilisierung zu erreichen.
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Diese TherapeutInnen bieten es an:
Christian Beer, MSc
Einzel-, Gruppen- und Paarsetting
Ideengeber und Gründer der WIENER COUCH.
DSP Eva Pamminger
Einzel-, Paar- und Gruppensetting
Eva entdeckt mit Ihnen über einen intensiven Selbsterfahrungsprozess Potentiale und Ressourcen.
Mag. Alexander Wieser, BA. Pth.
Einzel-, Paar- und Gruppensetting
Alexander unterstützt Sie in Krisen und erarbeitet mit Ihnen Möglichkeiten, um Ihre individuelle Widerstandsfähigkeit zu verbessern und eigene Bewältigungsstrategien zu erkennen.
Mag. Brigitte Herzinger
Einzel- und Gruppensetting
Brigitte unterstützt Klientinnen und Klienten mit einem klaren und humorvollen Therapiestil und hat sich auf psychische Erkrankungen im Beruf und psychosomatische Erkrankungen spezialisiert.
Mag.pth. Alexander Chernikov
Einzel-, Paar- und Gruppensetting
Alexander begleitet seine KlientInnen auf eine dynamische und empathische Weise. Und als Leistungssportler weiß er, wie man zielorientiert und dabei fürsorglich an sich arbeiten kann.
Marlene Stöhr, BA. Pth
Einzel- und Paarsetting
Marlene unterstützt Klientinnen und Klienten mit einem lösungsorientierten und einfühlsamen Therapiestil und ist spezialisiert auf Essstörungen.